Magazin der Universität Zürich Nr. 2/97

Der Stoffwechsel im Bild

Die Nuklearmedizin bildet im Gegensatz zu den morphologischen bildgebenden Verfahren der Radiologie Körperfunktionen und nicht die Anatomie ab. Sie stellt zum Beispiel bildlich den Jodstoffwechsel der Schilddrüse dar, vermag die regionale Durchblutung des Herzens zu erfassen, bildlich den Knochenstoffwechsel oder auch den Zuckerstoffwechsel einzelner Gewebe darzustellen. Dabei können auch Krankheiten erkannt werden, die keine anatomischen Veränderungen hervorrufen – zum Beispiel bei der Epilepsie oder bei Herzdurchblutungsstörungen.

VON GUSTAV K. VON SCHULTHESS

Das Verfahren der Nuklearmedizin beruht immer auf dem Prinzip, dass ein radioaktiv markiertes strahlendes Molekül – sozusagen als «Stoffwechsel-Spion» – in den Patienten eingeschleust wird und dann an die gewünschten Orte gelangt. Die Detektion dieser Strahler findet mit Kameras statt, die dafür ausgerüstet sind, die unsichtbaren, energiereichen Gammastrahlen in ein für uns sichtbares Bild zu wandeln.



Abb. 1a–1c:
Patient mit einem autonom funktionierenden gutartigen Tumor in der Schilddrüse, der unkontrolliert Schilddrüsenhormon produziert.

a) Der Knoten, aber auch die normale Schilddrüse sind in der Jod-Szintigraphie gut sichtbar.

b) Nach Gabe von Schilddrüsenhormon wird die normale Schilddrüse in ihrer Funktion unterdrückt. Eine therapeutische Dosis von radioaktivem Jod erreicht damit nur das pathologische Gewebe.

c) 6 Monate nach Therapie mit radioaktivem Jod ist der Knoten verschwunden, und es stellt sich nur noch die normale Schilddrüse dar.

Krankheiten erkennen

Die wichtigsten nuklearmedizinischen Verfahren werden zur Darstellung der Organperfusion verwendet: Hirn, Lungen, Herz, Niere. Wesentlich sind ebenfalls Verfahren, die spezifische Stoffwechselvorgänge markieren: Jodstoffwechsel, Knochenstoffwechsel, Zuckerstoffwechsel. Damit können verschiedenste Erkrankungen erkannt werden: Schilddrüsenüberfunktionen, im Röntgenbild unsichtbare Knochenbrüche, Skelettmetastasen bei Tumoren wie Brust-, Lungen-und Prostatakrebs, Lungenembolien, Herzmuskeldurchblutungsstörungen, Epilepsieherde im Hirn und Weichteilmetastasen bösartiger Tumoren, wie zum Beispiel beim Lungenkrebs und beim Melanom und viele andere mehr.

Abb. 2:
Serielle PET-Schnitte eines Hirns in einem Patienten mit einem bösartigen Hirntumor (Glioblastom). Der Tumor speichert in wesentlich stärkerem Masse radioaktiv markierten Zucker als das normale Hirngewebe. Zentral sind die Tumorzellen abgestorben, entsprechend entsteht ein «Ringmuster» von Zuckeranreicherung in den mittleren Schichten.
Abb. 3:
Patient mit einem bösartigen Lungentumor. Das vorliegende Bild ist eine Überlagerung (Bildfusion) eines Röntgen-Computertomogramms (in Graustufen dargestellt) und einer PET-Untersuchung (in Farbe). Die in Farbe dargestellte Zuckeranreicherung findet praktisch nur im Tumorgewebe statt, das an zwei Orten zu sehen ist (für Fachleute: im linken Hilusbereich und subcarinär). Der gezeigte Schnitt liegt gerade oberhalb des Herzens. Die grauen runden Strukturen oben und unten entsprechen der auf- und absteigenden Hauptschlagader.

Zusätzlich kann die Nuklearmedizin auch den Verbleib kleinster Substanzmengen bildlich analysieren. In kleinsten Mengen finden sich vor allem Hormone und an Rezeptoren bindende Moleküle, wie zum Beispiel das bekannte Medikament Valium, dessen Verteilungsmuster im Hirn mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET), dem neusten und aufwendigsten Verfahren der Nuklearmedizin, dargestellt werden kann. Das PET-Verfahren kann am Universitätsspital Zürich vorderhand als einzigem Ort in der Schweiz über das ganze Spektrum von klinischen Anwendungen bis zu Forschungsprojekten eingesetzt werden. Drei Beispiele von Anwendungen nuklearmedizinischer Verfahren sehen Sie nebenstehend im Bild.


Dr. med., Dr. rer. nat. Gustav K. von Schulthess (idkd@nuklearmed.unizh.ch) ist ordentlicher Professor für Nuklearmedizin am Departement Medizinische Radiologie des Universitätsspitals Zürich.


unipressedienst unizürich-Magazin


unipressedienst – Pressestelle der Universität Zürich
Nicolas Jene (
upd@zuv.unizh.ch)
http://www.unizh.ch/upd/magazin/2-97/
Last update: 20.07.97