unimagazin Nr. 2/98

Vernetzte Bibliotheken

Die Bibliotheksentwicklung der neueren Zeit ist von der Zusammenarbeit in Netzen geprägt. Informationsflut einerseits und finanzielle Ebbe der öffentlichen Haushalte anderseits erfordern vermehrte Kooperation. Die ETH-Bibliothek und die Zentralbibliothek Zürich gehen seit geraumer Zeit einen zukunftsweisenden Weg, weitere Informationsverbunde sind geplant.

VON RAINER DIEDERICHS UND ANNETA JULEN

BibliothekenDie moderne Bibliothek: Information highway und Transportstrassen.

Seit Herbst 1994 besteht der «Informationsverbund Zürich», zu dem sich die beiden grössten Zürcher Bibliotheken, ETH-Bibliothek und Zentralbibliothek Zürich, zusammengeschlossen haben. Ziel ist es, die Angebote beider Bibliotheken dem Publikum möglichst leicht zugänglich zu machen.

Die Grundlage des Verbunds bildet der weltweit abfragbare Online-Bibliothekskatalog ETHICSplus, der die Bestände beider Institutionen nachweist. Er deckt das ganze Spektrum wissenschaftlicher Literatur ab und umfasst ne-ben gedrucktem Material auch eine Vielfalt anderer Medien: Mikroformen, Diapositive, Videos sowie in zunehmendem Masse elektronische Zeitschriften, CD-ROMs und digitale Karten.

Europaweit einzigartig

BenutzerInnen können rund um die Uhr im gemeinsamen Katalog die Titel von über 1,5 Millionen Dokumenten durchsuchen. Zusätzlich bietet die Zentralbibliothek 2,4 Millionen digitalisierte Karten ihres Alphabetischen Zentralkatalogs von Zürich (AZK) im Internet an. Über die Recherchiermöglichkeiten hinaus hält der Informationsverbund Zürich weitere Erleichterungen für die Benutzung bereit. Das Gefundene kann direkt per Knopfdruck im Online-Katalog bestellt werden; in kürzester Frist liegt das Bestellte abholbereit am Ausleihschalter der gebenden Bibliothek oder wird gegen Gebühr per Post an die Privatadresse geliefert. Bei Zeitschriften lassen sich auch Kopien von einzelnen Artikeln bestellen. Ist das gewünschte Dokument ausgeliehen, kann es reserviert werden.

Neuerwerbungen werden vom Augenblick ihrer Bestellung an bereits im System nachgewiesen; schon dann ist eine Bestellung möglich. In solch einem Fall wird das eingetroffene Dokument intern prioritär bearbeitet und ist nach wenigen Tagen benutzungsbereit. Im übrigen gilt derselbe Benutzerausweis für beide Bibliotheken, genauso wie für die anderen Partnerbibliotheken im Verbund. Ein derart komfortabler Ausleihverbund ist derzeit mindestens europaweit einzigartig.

In letzter Zeit verstärken beide Bibliotheken ihre Zusammenarbeit auch im Bereich der Erwerbung. Statt doppelter Anschaffungen sollen möglichst viele Dokumente an einem der beiden Orte verfügbar sein. Die Aufteilung erfolgt in erster Linie nach den Lehr- und Forschungsgebieten der jeweiligen Hochschule.

Informationsverbund Deutschschweiz

Die rasche Entwicklung der Informationstechnologie begünstigt weiterführende Vernetzungen von Bibliotheken. Die Deutschschweizer Hochschulbibliotheken planen deshalb, die verschiedenen existierenden Verbundinstallationen durch ein gemeinsames EDV-System zu ersetzen. Die Ziele des «Informationsverbunds Deutschschweiz» sind:

Für Hochschulangehörige heisst dies, sie können mit einer einzigen Suchstrategie die verschiedenen Kataloge von Instituts- und Hochschulbibliotheken konsultieren, ohne das System wechseln oder andere Abfragesprachen anwenden zu müssen. Wenn sie in einer Bibliothek des Verbunds eingeschrieben sind, können sie auch die Dienstleistungen der anderen Bibliotheken beanspruchen.

Die Zugänglichkeit zum digitalen Informationsangebot der grossen Bibliotheken (elektronische Zeitschriften, CD-ROM-Datenbanken, digitale Karten) lässt sich ebenfalls erweitern, wobei lizenzrechtliche Probleme zu lösen sind. Vorteile ergeben sich schliesslich für die Bibliotheksverwaltung, die vermehrt Fremddaten anderer Bibliotheken übernehmen und dadurch Dokumente schneller und kostensparender verarbeiten kann. Die Zürcher Instituts- und Hochschulbibliotheken werden voraussichtlich im ersten Halbjahr 1999 auf das neue System umsteigen.

Infonet Suisse

Die ETH-Bibliothek Zürich, die Zentralbibliothek Zürich und die Schweizerische Landesbibliothek in Bern haben im Hinblick auf ein Infonet Suisse ein gemeinsames Pilotprojekt gestartet mit einheitlichem Suchsystem und Bestellmöglichkeit. Dieser Interessengemeinschaft dreier Grossbibliotheken sind 49 Bibliotheken angeschlossen, die zur Zeit mit ETHICSplus arbeiten, und rund 150 Bibliotheken des «Réseau des Bibliothèques Romandes et Tessinoises (RERO)».

Das Infonet Suisse erlaubt den BenutzerInnen schon heute, via Internet mehr als 7 Millionen Katalogeinträge in 200 Bibliotheken gleichzeitig zu durchsuchen. Der entstehende Informationsverbund Deutschschweiz wird sich dank international standardisierter Schnittstellen auch in das angelaufene Projekt Information Schweiz zu gegebener Zeit integrieren lassen.


unipressedienstunimagazin Nr. 3/97


unipressedienst – Pressestelle der Universität Zürich
Nicolas Jene (upd@zuv.unizh.ch)
Last update: 09.08.98