Magazin der Universität Zürich Nr. 3/97

Vulkanausbrüche und Wasser

Seit über 90 Jahren arbeiten die beiden Zürcher Hochschulen auf dem Gebiet der Erdwissenschaften zusammen. Vulkanausbrüche sind ein Thema der Gruppe um Volkmar Trommsdorff, Doppelprofessor für Petrographie an der ETH und der Universität.

Wo sich die mächtigen, bis zu siebzig Kilometer dicken Gesteinsplatten an den Rändern der Kontinente übereinanderschieben, findet sich der weitaus häufigste, aber auch gefährlichste Typ von Vulkanen. An der Westküste Amerikas beispielsweise tauchen Gesteinsplatten des pazifischen Ozeanbodens mit einer Geschwindigkeit von mehreren Zentimetern pro Jahr (!) in einer sogenannten Subduktionszone unter den amerikanischen Kontinent ab. So befinden sich entlang dem Kontinentalrand, von Feuerland bis Alaska, in immer etwa dem gleichen Abstand zum Ozean und in schöner Regelmässigkeit aufgereiht aktive Vulkane.

Die aus den Vulkanen austretende Lava ist wasserhaltig. Aus Laborexperimenten wissen wir, dass die im Magma lösbaren Wassermengen mit zunehmendem Druck und damit zunehmender Tiefe ansteigen. Umgekehrt muss das Magma beim Aufstieg Wasser abgeben, welches sich dann beim Austritt aus dem Vulkan entspannt. Dies ist eine der wesentlichen Ursachen für katastrophale Explosionen bei Vulkanausbrüchen wie im Fall des Mount St. Helens Anfang der 80er Jahre. Im oberen Erdmantel, in etwa 100 bis 120 Kilometern Tiefe, und zwar jeweils über den entlang von Subduktionszonen abtauchenden, relativ kühlen Gesteinsplatten des Pazifiks, liegt der Ursprung der Lava. Die dort herrschenden Temperaturen von etwa 1300 °C reichen jedoch nicht aus, um die vorhandenen wasserfreien Gesteine aufzuschmelzen. Erst mit etwa 0,2 Gewichtsprozenten Wasser werden die Schmelztemperaturen der Mantelgesteine soweit herabgesetzt, dass sich genügend Magma bilden kann. Dieses Wasser muss aus der darunterliegenden Subduktionszone stammen und von dort aufsteigen. Wie aber wird das Wasser in Tiefen von weit über 100 Kilometern transportiert? Bisher konnte kein geeigneter Mechanismus gefunden werden, welcher genügend Wasser so tief ins Erdinnere befördert. Die Antwort gaben langjährige Feldprojekte am Institut für Mineralogie und Petrographie (IMP) und daraus abgeleitete experimentelle Untersuchungen im Hochdrucklabor des IMP. So zeigten Felduntersuchungen in den Alpen, dass gewisse Formen des Minerals Serpentin, eines Magnesiumsilikats mit 13 Gewichtsprozenten Wasseranteil, eine sehr hohe Temperatur- und Druckbeständigkeit haben müssen. Neuere Untersuchungen ergaben, dass bis zu fünf Kilometer dicke Gesteinspakete in Ozeanböden aus diesem Mineral bestehen können. Im Hochdrucklabor wurde am sehr genau definierten Serpentin aus Poschiavo/Val Malenco (siehe Abbildung) experimentell das Druck- und Temperaturverhalten getestet. Der Serpentin bleibt dabei bis über 700 °C und bis zu Drücken wie in 180 Kilometern Erdtiefe stabil und zersetzt sich dann zu wasserfreien Silikaten plus Wasser. Diese Bedingungen entsprechen denjenigen vieler Subduktionszonen unterhalb von Vulkanen. Der Aufstieg von Wasser aus der Serpentinzersetzung bildet somit einen idealen Mechanismus für die Entstehung wasserhaltiger vulkanischer Magmen, deren Ausbrüche soviel Unheil anrichten.

Volkmar Trommsdorff


Volkmar Trommsdorff (10596 Byte) Volkmar Trommsdorff ist Doppelprofessor für Petrographie an Universität und ETH Zürich. Seit Amtsantritt 1972 diplomierten bei ihm 108 Studierende, davon 28 von der Universität, und promovierten 55 Doktorierende, davon 2 von der Universität. Die Koordination auf den Gebieten Geologie und Mineralogie-Petrographie an den beiden Zürcher Hochschulen erfolgt seit 1905 aufgrund eines Aussonderungsvertrages zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Kanton Zürich.

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unipressedienst – Pressestelle der Universität Zürich
Nicolas Jene (upd@zuv.unizh.ch)
Last update: 09.01.98